[ˈʌpsa͜iklɪŋ]
upcycling
Visuelle und technische Obsoleszenz. Das sind zwei wesentliche Faktoren, dem nach ständigem Wachstum gierenden Markt mit regelmäßiger Zuverlässigkeit neue Einkünfte zu generieren. Bei den Automobilherstellern lässt jedes neue Facelift die alte Generation alt aussehen und ein smarter Wäschetrockner scheint unverzichtbar. Das schont weder unsere knappen Rohstoffressourcen noch die Umwelt.
2014 war ich als Referent zum Management Kongress nach Mallorca geladen, wo ich zwei Vorträge über Design und Farbwirkungen hielt. Nach einem Vortrag sprach mich eine Apothekerin an, die ich offenbar ein wenig verunsichert hatte.
Sie hatte die nur wenige Jahre alte Einrichtung einer Apotheke erstanden, die leider schließen musste. Zu einem zehntel dessen, was die Einrichtung mal gekostet hatte. Aber Tag für Tag darin stehen und arbeiten?
Günstig geschossen!
Hier sind ein paar Impressionen, wie die erstandene Einrichtung mal zur Geltung kam:
Die komplette Apotheke, war bereits eingelagert und es gab auch schon einen Vorschlag, wie man auf Basis dieser Komponententen einen Grundriss gestalten könnte.
Aus einem Esel ein Rennpferd machen
Das stellte eine ganz neue Herausforderung für mich dar. Wie zum Teufel sollte ich nur aus dieser Scheußlichkeit billigster Qualität eine Apotheke schaffen, hinter der ich mit Überzeugung stehen kann? Ebenso wenig konnte ich alles in den Müll werfen lassen. Ich überlegte abzulehnen.
Aber ich mochte die Apothekerin und ich war schon immer der Meinung: "Wer will, dem kann geholfen werden." Also fuhr ich nach Hagen Hohenlimburg, um mir den Ort des Geschehens näher anzusehen.
Wie sich herausstellte, befand sich nur zwei Häuser weiter von der nun alten Sonnen Apotheke entfernt, direkt am Beginn der Fußgängerzone, das Martin-Luther-Haus. In dessen Erdgeschoss die neuen, größeren und barrierefreien Räume für die neue Sonnen Apotheke waren.
Frau Vespermann hatte klare Vorstellungen zu den Anforderungen der neuen Apotheke und deren gestalterischer Atmosphäre. Glücklicherweise war sie für alles offen und so legten wir, bei einer Pizza von nebenan, die Rahmenbedingungen für den neuen Grundriss fest.
Die gesamte Einrichtung wurde gesichtet, analysiert und vermessen. Dann wurde entschieden, welches Möbelstück wo und wie verwendet werden konnte. Alles wurde in einem Grundriss vereint. Doch eins war klar. Die roten Stellwände mussten weg! Eine Sonne ist nur im Untergang rot.
Wer ein Omelett backen will, muss zuvor die Eier zerschlagen.
Trotz aller Rücksicht auf ein kostengünstiges Projekt musste der Verkaufsraum größtenteils neu erstellt werden, sonst hätte ich gestreikt! Aber so viel war dafür gar nicht nötig. Zunächst einmal eine sonnige Atmosphäre.
Für die Frei- und Sichtwahl wurde auf ein Drahtseilsystem von Shopkit zurückgegriffen. Das erfrischende Türkisblau bildet einen Warm-Kalt-Kontrast zu den sonnigen Gelbtönen der Sichtwahl und der HV-Tische. Die industriell anmutenden Tischgestelle der Aktionstische nehmen Bezug auf die Verbindung Hagens mit der Stahl- und Kohleindustrie.
Der Windfang bekam eine Automatiktür und eine große Reinstreifermatte. In der Wand zur Offizin befindet sich ein kleiner Schaukasten mit Notdienstklappe. Vom HV-Tisch aus hat man durch dieses Fenster den Eingangsbereich im Blick.
Pimp my HV-Tisch
Wie bereits zu erkennen ist, wurden auch die roten Handverkaufstische nicht eingesetzt. Deren Innenschränke schon! Eine robuste Aluminiumplatte, eine LED-beleuchtete Handtaschenablage aus Glas und eine sonnengelbe Fläche in wasserfester Spachteltechnik und das Grauen hatte ein Ende. So wurde mit einfachsten Mitteln ein beeindruckendes Ergebnis geschaffen.
Die Trennwand zum Arbeitsbereich wurde als Möbelbau konzipiert. Durch die große Glasscheibe hat man immer Blickkontakt zur Offizin. Dicke weiße Fachböden für die Freiwahl kontrastieren mit ihrer Solidität die luftig leichte Regalkonstruktion aus Drahtseil und Glas. Die vier Bildschirme aus der Alteinrichtung wurden getrennt und bilden ergänzende Informationen zu den Spalten der Freiwahl ab.
Für den Arbeitsbereich wurde umso mehr verwendet. So wurden die alten Tischplatten der Arbeitsplätze so positioniert, dass sie nach einem passgenauen Zuschnitt vor Ort neu verwendet werden konnten. Die Abholerregale wanderten auf die Rückseite der Bildschirmwand und einige Schubkastenkontainer wurden zu einem Kopierplatz kombiniert.
Innen hui, außen pfui?
Das neue Logo stellt eine abstrahierte Sonne mit umgebender Aureole dar. Anstatt für den Hintergrund wieder auf das Türkisblau zurück zu greifen, wollten wir hier etwas dunkleres, kraftvolleres auf dem die Sonne und der sachlich klare Schriftzug mit mehr Kontrast stehen sollten. Also kam ein dunkles Grün zum Einsatz. Chlorophyll.
Wohin sonst!?
Fertig!
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